Private Equity: Investitionen in nicht börsennotierte Unternehmen

Private Equity Investitionen – also außerbörsliches Eigenkapital – liegen im Trend. Auch für 2016 prognostizieren Experten aus der Beteiligungsbranche eine positive Entwicklung, wie die Frankfurter Allgemeine Anfang des Jahres berichtete. So wurde in den letzten Jahren so viel privates Eigenkapital in kleine bis mittelständische Unternehmen investiert wie seit 2007 nicht mehr. Der Grund, weshalb diese Form der Beteiligung vor knapp zehn Jahren einbrach, war die damalige Finanzmarktkrise. Für das Jahr 2015 errechnete die Unternehmensberatung Ernst & Young eine stolze Beteiligungssumme von 15,7 Milliarden Euro. 2012 lag diese noch bei rund 6,6 Milliarden Euro.

Woher aber rührt diese finanzielle Entwicklung? Laut Expertenmeinung seien daran vor allem verschiedene Großtrends beteiligt: Digitalisierung, Verfall der Rohstoffpreise und Energiewende sorgen dafür, dass an der Börse derzeit viel Bewegung herrscht. Deshalb sähen sich viele Unternehmen zu dem Schritt gezwungen, eine komplett neue Firmenstrategie zu entwickeln und beispielsweise ganze Unternehmensbereiche abzuspalten.

Definition von Private Equity

Der englische Begriff Private Equity (PE) bezeichnet privates Beteiligungskapital, also Investitionen bzw. Geldanlagen, die in nicht börsennotierte Unternehmen getätigt werden. Zwar gibt es die klassische externe Eigenkapitalfinanzierung schon lange als gängiges Finanzierungsinstrument. Doch hat sich Private Equity erst seit den 1960er Jahren zu einem eigenen Zweig in der Geldanlagebranche entwickelt. Gemäß seiner prozentualen Beteiligung verlangt der Eigenkapitalgeber hierbei einen Anteil am Gewinn. Die Investitionen werden grundsätzlich von professionellen Kapitalbeteiligungsgesellschaften, so genannten Private Equity Gesellschaften (PEGs), verwaltet. Bei institutionellen Anlegern wie Versicherungen oder auch Banken, in einigen Fällen direkt bei vermögenden Privatpersonen sammeln sie finanzielle Mittel zur Kapitalanlage und suchen dann Firmen aus, deren Rendite/Risiko-Verhältnis vorteilhaft ist und legen das Geld dort an. Weltweit sind das vor allem britische und amerikanische Firmen sowie mehrere kleine nationale Beteiligungsfirmen. Große amerikanische Equity-Firmen wie Apollo Global Management oder Kohlberg Kravis Roberts & Co. werden in Europa meist mit einheimischen Tochterfirmen und einem lokal ansässigen Management vertreten. In Europa sind es jedoch größtenteils europäische Investoren, die Kapital zu Verfügung stellen.

In diesem Zusammenhang spricht man auch von Fundraising, also der Beschaffung von allen für einen bestimmten Zweck benötigten Ressourcen – in dem Fall vor allem Geld, aber auch Fachkompetenzen (siehe nächster Abschnitt). Das Kapital, welches die PEG´s erhalten, wird ihnen mit einer zeitlichen Begrenzung in Form eines Fonds zur Verfügung gestellt. Dieser läuft über eine befristete Zeit und verfolgt das Ziel, über die Unternehmensanteile eine möglichst hohe finanzielle Rendite für die Investoren zu erwirtschaften.

Im Gegensatz zu Aktionären, die in an der Börse notierte Firmen investieren und passiv am Erfolg derer teilhaben, sind Private Equity Investoren relativ aktive Miteigentümer. Oftmals kennen sie sich gut im Bereich Vertrieb aus und stellen auch Management-Kompetenz zur Verfügung. Im Gegenzug erwarten sie eine offene Kommunikation sowie einen gewissen Grad an Transparenz. Gerade letzteres dient dem Ziel, dass die Teilhaber einen Überblick über Erfolg und Misserfolg des Unternehmens erhalten. Dadurch erleichtern sich die Investoren die Entscheidung, ob sie in eine weitere Finanzierungsrunde gehen wollen, denn oftmals wird bei Private Equity erfolgsabhängig in Teilmengen, so genannten Tranchen, investiert.

Investitionsphasen des Private Equity

Will man in ein nicht an der Börse geführtes Unternehmen investieren, kann man sein Geld in verschiedenen Entwicklungsphasen anlegen. Wer sein Kapital in ein sehr junges Unternehmen stecken will, um etwa die Unternehmensplanung oder -gründung zu ermöglichen, steigt in der Frühfinanzierungsphase oder in der Wachstumsphase ein. In dem Fall spricht man von

Venture-Capital – im deutschen auch als Risiko- oder Wagniskapital bezeichnet. Wie der Name schon vermuten lässt, gehen die Geldgeber hier in der Regel ein höheres Risiko ein, da zu dem Entwicklungsstand der frisch gegründeten Start-up Firmen noch völlig offen ist, ob sich ihr Konzept in der freien Wirtschaft durchsetzen wird. Zeitgleich bieten sie durch ihren hohen Grad an Innovation aber auch gute Chancen auf Wachstum und Erfolg. Entlehnt aus dem englischen „venture“ (zu dt.: Wagnis) wird bei dieser Form der Finanzierung deshalb auch von Risiko- oder Wagniskapital gesprochen.

Prinzipiell geht es beim Venture-Capital darum, den jungen Unternehmen zu helfen, diverse Wachstumshürden zu nehmen und sich entsprechend zu vergrößern. Es handelt sich bei dieser Art von Kapital also eher weniger um einen Kredit. Vielmehr ist diese Investment-Form als eine Art Business-Entwicklungshilfe zu verstehen. Ein Venture-Capitalist unterstützt ein junges Unternehmen oder eine innovative Idee mit monetären Mitteln – und natürlich dem Ziel, seinen Gewinn zu maximieren.

Neben monetärer Unterstützung stellen die Gläubiger auch oftmals betriebswirtschaftliches Know-how zur Verfügung, um den jungen Unternehmern zu helfen, ihre Idee erfolgreich voranzutreiben. Häufig ist in diesem Zusammenhang die Rede von intelligentem Kapital („smart capital“). Der Kapitalgeber kann damit aktiv in die unternehmerischen Tätigkeiten eingreifen und mit seinen eigenen Kontakten etwa beim Aufbau eines neuen Netzwerkes oder bei wichtigen Personalentscheidungen helfen. In den 1990er Jahren hat man den Begriff Venture-Capital meist mit Software- und Internetfirmen in Verbindung gebracht, was daran lag, dass diese auch den Großteil in dieser Beteiligungsbranche ausmachten. Kapitalgeber können ihr Geld auch während einer Krise in ein Unternehmen stecken. Dabei geht es für gewöhnlich darum, die Firma bei dem so genannten Turnaround zu unterstützen. Ziel ist es hier, das wieder eine finanzielle Stabilität in die Strukturen zurückkehrt.

Weitere Strategien, die im Rahmen von Private Equity zum Tragen kommen, sind beispielsweise das Management Buy Out und das Leveraged Buy Out. In beiden Fällen wird ein Unternehmen oder ein Teil des Unternehmens von den aktuellen Gesellschaftern gekauft. Beim Management Buy Out werden bereits etablierte Unternehmen ganz oder teilweise von einzelnen Managern übernommen. Diese können für gewöhnlich allerdings nicht den kompletten Kaufpreis aufbringen und wenden sich deshalb an Private Equity Gesellschaften. Beim Leverage Buy Out bringen die PEG bei einer Beteiligung den Großteil des Geldes mit Fremdkapital wie z.B. Bankkredite oder Schuldverschreibungen auf. Nur ein geringer Teil stammt hierbei aus finanziellen Eigenmitteln der PEG. Der Grund für diese Strategie? Der so genannte Leverage-Effekt: Durch den hohen Anteil an Fremdkapital wird die Rendite des eingesetzten Eigenkapitals gesteigert.

Private Equity in Deutschland

In Deutschland belegen Statistiken Private Equity einen positiven Trend. Während der Bankenkrise 2007/2008 kam es jedoch zu einem extremen Einsturz in Sachen PE: Wurden 2008 noch knapp 9,6 Milliarden Euro an Beteiligungen vereinbart, sank der Wert im Folgejahr auf drei Milliarden. Seitdem stiegen die Investitionen allerdings wieder – 2014 sogar auf 7,1 Milliarden Euro pro Jahr.

Der Bundesverband Deutscher Kapitalgesellschaften (BVK) führt bereits seit 2008 in Zusammenarbeit mit vielen Private Equity Verbänden eine Statistikerfassung mit der pan-europäischen Statistikplattform PEREP Analytics durch. Laut BVK werden darin sowohl von Beteiligungsgesellschaften direkt zur Verfügung gestellte Angaben als auch aus öffentlich zugänglichen Quellen recherchierte und abgeleitete Daten zu den europäischen Private Equity-Aktivitäten erfasst.

Die Statistikerfassung für 2015 ergab u.a. dass sich das gesamte verwaltete Kapital von den Beteiligungsgesellschaften auf rund 39 Milliarden Euro belief. In Deutschland wurden insgesamt 5,34 Milliarden Euro investiert. In Deutschland ansässige Beteiligungsgesellschaften investierten davon 4,41 Milliarden Euro, weitere 0,93 Milliarden Euro stammten von ausländischen Beteiligungsgesellschaften ohne Sitz in Deutschland. Die Zahl der im Jahresverlauf finanzierten deutschen Unternehmen lag bei 1.254.

Die Branchen mit den höchsten Investitionen waren Unternehmens-/Industrieerzeugnisse mit 25 % vor Konsumgüter/Handel (24 %) und Life Sciences (18 %). An der Spitze der Bundesländer mit den höchsten Investitionen standen Bayern (30 %), Nordrhein-Westfalen (28 %), Berlin (11 %) sowie Baden-Württemberg und Niedersachsen mit jeweils 8 %.

Warum nimmt der Einfluss von Private Equity zu?

Bis in die 90er Jahre haben sich mittelständische Unternehmen klassisch über eine Hausbank finanziert. Benötigten sie für den Auf- bzw. Ausbau ihrer Firma Geld, haben sie in der Regel einen Kredit oder ein Darlehen bei einem Kreditinstitut beantragt. Doch diese traditionelle Art der Finanzierung bekam in den letzten Jahren durch diverse Alternativen stark Konkurrenz, wie beispielweise durch die Schwarmfinanzierungsmodelle Crowdfunding, Crowdinvesting oder Crowdlending.

Beim spendenbasierten Crowdfunding (Donation-based Crowdfunding) spenden die Förderer während eines bestimmten Zeitraums Geld für ein spezifisches Projekt oder einen bestimmten Zweck, ohne eine monetäre Gegenleistung zu erhalten. Im Rahmen des gegenleistungsbasierten Crowdfundings erhalten die Geldgeber eine symbolische Gegenleistung. Die Namen der Investoren im Abspann eines Films oder persönliche Geschenke können solche nicht-monetären Leistungen für die mit Finanzierung sein. Der Begriff Crowdsponsoring fasst diese Arten des Crowdfundings zusammen. Hier werden Beträge von wenigen Euro, bis ein paar Hundert Euro gegeben.

Im Crowdinvesting (Equity-based Crowdfunding) erhält der Anleger für seine Investition eine Gewinnbeteiligung am finanzierten Projekt. Investoren erhalten Anteile oder Schuldinstrumente, wenn das Investment mit Wertpapieranlagen verbunden ist. Somit spekuliert der Investor auf eine finanzielle Rendite. Crowdlending (Kreditbasiertes / Lending-based Crowdfunding) hingegen verspricht seinen Unterstützern, dass ihnen die Anlage mit oder ohne Zinsen zurückgezahlt wird.

Neben diesen Formen konnte sich auch immer mehr Private Equity als ebenfalls erfolgsbasiertes Geldanlage-Modell durchsetzen. Experten sind sich sicher, dass das niedrige Zinsniveau weiter für einen anhaltenden, positiven Trend sorgen wird. Das nämlich sorge für günstiges Kapital. Zudem wird die Finanzierung leichter, da sich die Konditionen, unter denen PE-Geschäfte abgewickelt werden, stabilisieren.

Regulierung für PEGs in Deutschland

Grundsätzlich gilt für Private Equity-Firmen in Deutschland keine besondere Regulierung. Vor allem, wenn der Investorenkreis nur aus wenigen institutionellen Anlegern wie Kreditinstituten, Versicherungen oder Investmentgesellschaften besteht. Zwar gelten für Fonds für Privat- oder Kleinanleger strengere Richtlinien, doch können in Deutschland Privatanleger kaum in diese Anlageform investieren.

Der Hans-Böckler-Stiftung zufolge  ein Mitbestimmungs-, Forschungs- und Studienförderungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbunds mit Sitz in Düsseldorf – gelten für bestimmte Investorengruppen in Deutschland folgende Regulierungen:

Pensionskassen können zwar ohne quantitative Begrenzung in Private Equity investieren, müssen aber jede Investition von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigen lassen.

Versicherungen dürfen nur einen bestimmten Prozentsatz ihres Deckungsstocks für Private Equity-Investitionen verwenden (zurzeit etwa 5 % für alle alternativen Assets).

Private Equity weltweit im Vergleich

Betrachtet man die europäische Entwicklung von PE-Beteiligungen, fällt auf, dass diese von 2001 bis 2007 einen beständigen Anstieg verzeichneten. Wurden im Jahr 2001 noch 24 Milliarden Euro europaweit investiert, waren es sechs Jahre später 73 Milliarden Euro. Nach der Finanz- und Bankenkrise 2007/2008 sanken die Investitionen zunächst auf 25 Millionen ab, stiegen dann aber nach einem erneuten kurzen Abfall ab 2012 beständig. Aktuellsten Berechnungen zufolge lagen die Beteiligungen 2015 bei 47 Millionen Euro.

Auch in den USA brachte die Bankenkrise den Private Equity-Markt ins Wanken: Steckten Investoren 2007 noch insgesamt rund 264 Milliarden Dollar an privatem Beteiligungskapital in nicht börsennotierte Unternehmen – auch 2008 waren es immerhin noch rund 200 Milliarden Dollar – sank die Investitionslaune 2009 auf nur noch 66 Milliarden US-Dollar. Seitdem zeigen sich aber auch hier wieder langsam aber dafür beständig wachsende Beteiligungszahlen.

Ein weiterer Trend, der sich besonders in den USA abzeichnet, sind verstärkt Startup Investments. So wurden laut einer Grafik der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 2015 mehr als doppelt so viele Gelder in Venture Capital Investitionen gesteckt wie noch 2007. Ebenfalls deutlich erkennbar: Ab 2013 setzt ein regelrechter Boom in Sachen Venture Capital in den USA ein – ein Zeichen dafür, dass sich der US-Finanzmarkt allmählich erholt.

Finanzplattformen in Deutschland und weltweit

Das Angebot an Plattformen für alternative Investitionsmodelle ist groß, besonders in den Bereichen Crowdfunding, Crowdlending und Crowdinvesting. Hierbei sind beispielsweise die deutschen Plattformen Bergfürst, Deutsche Mikroinvest, Unternehmerich, Companisto oder die Startnext zu nennen – letzteres wendet sich ausschließlich an gemeinnützige Projekte und ist selbst ein gemeinnütziges Unternehmen.

In Sachen Private Equity ist die wohl größte und bekannteste Plattform die in Zürich sitzende DealMarket AG. Auf dieser Finanzplattform kommen Investoren, Fundraiser und Anleger zusammen und werden mit allen notwenigen Informationen versorgt. Ziel der Online-Plattform ist es, Transparenz über die Angebote und das gesamte Netzwerk der globalen Private-Equity-Branche zu schaffen. Außerdem können sich Investoren über das monatlich erscheinende VentureCapital Magazin informieren – einer Plattform der Private Equity-Industrie im deutschsprachigen Europa mit einem breiten inhaltlichen Spektrum rund um Technologietrends, Unternehmensfinanzierung und Private Equity-Investments.

Die Invest – Leitmesse und Kongress für Finanzen und Geldanlage – bietet zudem als größte Veranstaltung im deutschsprachigen Raum rum um Finanzthemen eine gute Möglichkeit, dass sich verschiedene Personen- und Interessengruppen wie private Anleger, Bankberater, Vermögensverwalter oder Dienstleister aus der Finanzwelt über ihre Erfahrungen und ihr Know-How austauschen können.

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